Montag, 7. Mai 2012

m-ontag: Getting Around

Sooo heute erzähl ich was zum Thema Nahverkehr in Tokyo.
Wie ihr vielleicht wisst, herrscht in Japan, genauso wie in England, Linksverkehr. Dementsprechend war Autofahren für mich keine Option. Es erzählen einem zwar immer alle, dass man sich superschnell eingewöhnt, aber so ganz glauben, kann ich das nicht.

Gott sei Dank, haben die meisten großen Städte in Japan aber ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz mit Bussen und U-Bahnen. Hauptsächlich U-Bahnen...

Die U-Bahn in Japan heißt Metro (wie in Paris) und sie ist nicht staatlich, sondern privat. In Tokyo gibt es zwei große Konzerne, die die U-Bahnlinien untereinander aufteilen: Tokyo Metro (denen gehören fast alle Linien) und Toei Subway (hatverwaltet zwar weniger als die Hälfte an Linien, aber ähnlich viele Stationen).

Es ist eigentlich ganz einfach - zuerst kauft man sich eine Fahrkarte am Automaten. Hier müsst ihr angeben, bis wohin ihr fahren wollt und dann den Betrag zahlen. In Japan wird, wie bei uns, nach Stationen berechnet.

Wem das zu umständlich ist, der kann sich eine Karte kaufen. Es gibt zwei verschiedene, denn beide Konzerne haben eine eigene rausgebracht.
Tokyo Metro hat die Suica Card:


und Toei die Pasmo Card:


Die Karten kosten einmalig 500Yen, dann kann man sie immer aufladen. Billiger wird es zwar nicht, aber unkomplizierter. Um auf den Bahnsteig zu gelangen, muss man nämlich entweder seine Karte auf einen Laser drücken oder das Ticket durch einen Schlitz ziehen.
Ich hatte so eine Pasmokarte und eigentlich wollte ich sie euch gern zeigen, aber ich hab sie nicht gefunden. >_<
Dafür zeig ich euch mal so einen Standardfahrschein.


Bisschen unspektakulär, ich weiß...
Ich hab mal gehört, dass es in kleineren Städten manchmal keinen automatischen Kartenleser gibt, sondern einen Schaffner, der das Ticket locht... kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber in Japan gibt's ja Angestellte für alles.

Dann kennt ihr ja sicherlich alle die schönen Fernsehbilder, in denen Passagiere vom Bahnpersonal in die Bahn gedrückt werden. Ich werde auch immer wieder gefragt: "Ist dir das auch passiert?!?!?!"
Die Antwort lautet: Ja. Ein Ja mit einem Aber! Es gibt diese Schubser (oshiya) wirklich, aber nicht an jedem Bahnsteig und auch nicht immer. Ich hab an der Mita-Linie gewohnt und die Bahn war nie rammelvoll. Klar, manchmal muss man stehen, aber das muss man in Berlin ja auch!
Dieses Quetschen kommt nur zur Rush Hour vor (also morgens und abends wenn die Leute zur Arbeit fahren oder Heim gehen) und auch nur an Knotepunkten wie z.B. Shinjuku.

Dann hatte mich mal jemand gebeten, so ein paar Fettnäpfchen aufzuzählen, in die man treten kann und die gibt es beim Bahnfahren auch.

a) Eine große Zeitung lesen.
Jap. In Japan gilt es als extrem unhöflich, andere in der Bahn zustören. Eine große Zeitung wird unpraktisch geöffnet und man schlägt sie anderen ins Gesicht.
b) Sich hinfläzen, als wär man zu Hause.
Na ja, das ist nicht so ganz richtig. Es wird einem zwar überall erzählt, man soll sich gesittet verhalten, aber eigentlich stört es kaum jemanden, wenn man sich bequem hinsetzt. Es ist sogar in Ordnung, wenn man als Frau die Schuhe auszieht.
c) Rauchen.
Eigentlich klar, oder? Japan hat sehr strenge Raucherregeln - das darf man fast nirgends mehr und in der Bahn schon recht nicht.
d) An jemanden anlehen.
Die meisten Japaner können in der Metro schlafen. Ich weiß nicht, wie sie das machen, aber Gott weiß, ich beneide sie um diese Fähigkeiten. Es ist auch ganz einfach. Die Arme werden verschränkt, der Kopf fällt auf die Brust und dann schlafen Männer wie Frauen tief und fest bis genau eine Station vor ihrem Ausstieg. Es ist wirklich kurios! Solange man dabei nicht mit dem Kopf auf jemand anderes Schulter hängt, ist das auch kein Problem.
e) Chikan!
Das gilt für Männer. Leider ist es so, dass es auf Grund des Gedränges in japanischen Bahnen, oft zu Übergriffen auf Frauen kommt, die einen Rock tragen. In den 90ern war das besonders schlimm. Es kam dann zu großaufgezogenen Kampagnen, die Frauen beibrachten, sich zu wehren und spezielle Frauenwaggons einrichteten. Ein Mann, dessen Hand sich also frei in der Masse bewegt, wird schnell als Perversling eingestuft und es schnellen Rufe wie "etchi!" (Perverser) oder "chikan!" (Belästigung) durch den Waggon.
Die meisten japanischen Männder sind jedoch völlig unschuldig, haben aber Angst, zu Unrecht beschuldigt zu werden. In Japan ist der gute Ruf unheimlich wichtig und viele Gangs haben darauf ein Geschäft gemacht. Ein junges Mädchen stellt sich dicht neben einen gutbetuchten Mann, schreit plötzlich Chikan und ihre Freunde ziehen ihn dann aus der Bahn. An der Station hat er dann die Wahl, eine Erpressersumme zu zahlen oder zur Polizei zu gehen. Die meisten zahlen, selbst wenn sie unschuldig sind, weil sie viel zu viel Angst vor der Blamage haben. Traurig aber wahr.
Viele Männer stellen sich deswegen in der Bahn mit beiden Händen nach oben, damit der Verdacht gar nicht erst aufkommt.

Na dann, viel Text, wenig Bilder, hoffentlich hat's euch trotzdem gefallen.^^

Bis nächstes Mal!

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